Wolfgang Waldmann hat den Vogel abgeschossen. Er läuft in vier Tagen 200 Kilometer rund um den Balatonsee in Ungarn.
Wir ziehen den Hut.

Name

Zeit (196km)

PlatzPace
Wolfgang Waldmann (M50) 23:24:14 130 7:10

Hier sein Bericht:
Es war im Frühjahr 2015, als ich beruflich am Balaton unterwegs war und ein Werbeplakat sah, das den Supermaraton um den Balaton ankündigte. Seither ging mir dieser lauf nicht mehr aus dem Kopf. Die "verrückte" Idee, diesen Wettbewerb über 196 km zu bestreiten, reifte monatlich, bis ich im November 2015 den Entschluss fasste, mich für den Supermaraton Balaton 2016  anzumelden, und zwar für die gesamte Strecke über ca. 196 km in vier Tagesetappen vom 17.03.2016 bis zum 21.03.2016. Ich wollte es einfach, ich suchte die ultimative Herausforderung und wollte erfahren, wieweit ich sowohl körperlich als auch mental diese Aufgabe bewältigen werde, immerhin durchschnittlich 50 Tageskilometer in vier aufeinanderfolgenden Tagen, ein Pensum, das ich bisher noch nie gelaufen bin. Mein erster Gedanke: hält mein Knie?
Nach der Anmeldung gab es kein zurück. Ich befaßte mich mit den unterschiedlichsten Trainingsplänen für Ultraläufe und dem Thema Ernährung. Miite Dezember 2015 bin ich dann ins Training eingestiegen, das hauptsächlich aus langen langsamen Läufen bestand, das Wochenpensum lag bei 100 km, in der Spitze bei 120 km. Ich versuchte, die Läufe morgens nüchtern zu absolvieren, um den Fettstoffwechsel so richtig in gang zu bringen und zu trainieren. Ich merkte, wie sich Kopf und Körper dieser Belastung anpaßten. Ich war froh, nach drei langen Läufen à 50 km gesund das Training abgeschlossen zu haben und fühlte mich gut vorbereitet für das Vorhaben.
Am 17.03.2016 war es dann soweit. Der Lauf wurde um 10:30 in Siofok direkt am Balaton gestartet. das Wetter war herrlich, die Landschaft beeindruckend, es konnte losgehen. Ich konzentrierte mich auf meine Pace, um nicht zu schnell zu starten, ich werde noch jedes Korn für den Zieleinlauf benötigen. Wir liefen von Siofok nach Fonyod, eine relativ ebene Strecke über 48,20 km am See entlang. Ich benötigte dafür 05h22, was einer Durchschnittspace von 06:40 min/km entsprach. Es fühlte sich ganz gut an, wobei ich anfangs mit einer 06:15 zu schnell über die ersten 10 km gestartet bin.
Das durfte mir bei der 2. Etappe über 52,90 km nicht passieren, zumal ich wußte, daß die letzten 500-600 m steil bergauf zu einer Burg führten. Wir wurden namentlich zum Start aufgerufen, wir liefen diesmal von Fonyod nach Szigliget über 52,9 km. Es fühlte sich sehr gut an und ich bemühte mich von Anfang an, eine Pace von 06:30 einzuhalten, die ersten 5 km wurde ich von einem Laufpaar aus Berlin gezogen. Nach 06h02 kam ich ins Ziel, es lief einzigartig, obwohl die letzte Steigung nochmals alles abverlangte.
Somit war ich sehr optimistisch für den nächsten Tag eingestellt, es standen ja "nur" 45,20 km von Badacsony nach Balatonfüred auf dem Plan, ich dachte, sozusagen ein Lauf zum Ausruhen vor dem großen Finale. Um 10:00 ging es los, die Füße waren schon deutlich schwerer als am Vortag, aber es rollte gut an, ich konnte wieder in einer Gruppe mitlaufen, die meine Zielpace von 06:30 lief. Doch nach ca. 15 km die erste Überraschung, der Kurs bog nach links ab ins Landesinnere und wir mußten knackige Steigungen durchlaufen. Auf einmal lag der Balaton unter uns, eine Läuferschlange schlängelte sich weiter bergauf. Ab jetzt ging es wirklich an die Substanz und die Muskeln begannen zu schmerzen. Ich mußte deutlich Pace herausnehmen, um Krämpfe zu vermeiden, viele Läufer konnten nur noch gehend den Kurs bewältigen. Total erschöpft kam ich nach 05h22 ins Ziel.
Selbstzweifel kamen auf, wie soll ich mit diesen Schmerzen am nächsten Tag nochmals 49,20 km laufen ? Am nächsten Tag war ich zwar voll motiviert, da der letzte Abschnitt gelaufen werden mußte, ich hatte aber schon am Start starke Muskel- und Schienbeinschmerzen am linken Bein. Diesmal starteten wir um 08:00, ich lief einfach los, wie zu erwarten, wollten meine Beine und mein Körper überhaupt nicht mehr. Außerdem waren bereits deutlich weniger Läufer am Start, sodaß ich von Anfang an ein einsames Rennen laufen mußte, vor allem das linke Schienbein machte mir zu schaffen, es war wiederum sehr hügelig und ich versuchte, nur mit dem Kopf zu laufen. In diesem Moment spürte ich, wie wichtig eine gute mentale Einstellung ist, rein körperlich war ich am Ende, ging nichts mehr. Ich wollte einfach nur ins Ziel und hoffte, noch irgendwie in das Zeitfenster von 06h45 zu kommen. Die km 40 - 48 gingen nur bergauf, meine Pace lag gerade noch bei 08:00 min/km. Dann ging es steil bergab zum See, dann war es soweit, ich durchlief die Ziellinie in 06h37 und - ja - , ich hatte es tatsächlich geschafft. Jetzt wurde mir so langsam bewußt, was ich eigentlich geschafft habe, 196 km in 4 Tagen und meine Knochen, Muskeln und Sehnen haben gehalten.

Ich belegte mit einer gesamt Zeit von 23h24 Rang 130 von 216 Finishern.

Es war für mich ein einzigartiges Erlebnis, eine Grenzerfahrung, die nich nicht missen möchte. Ich denken, dieser Lauf hat mich persönlich sehr geprägt und mir gezeigt, daß man auch etwas schier Unmögliches schaffen kann, wenn man es wirklich möchte. Die Schmerzen noch Tage später erinnern mich an dieses Erlebnis, jetzt ist mal für die nächsten Woche Ruhe und Erholung angesagt.

"Halbzeit"   Fix und fertig

 

 

©2024 lac-langenhagen.de